Sima Banou, PariserKunstmalerin und persische Prinzessin

Sima Banou, Pariser
Kunstmalerin und
persische Prinzessin

Prinzessin Sima Banou, Pariser Kunstmalerin

aus «So weit wie Casanova», Autobiographie

Lange Zeit war unser Verhältnis ein Paradies, wenn auch mit plötzlichen Wechseln zur Hölle gewesen. Sima Banou wohnte im Parterre am Zeltweg bei einer Lesbierin, die mich haßte; ihr Zimmer war von Büchern, Kunstbänden, Platten, Bildern, Farbtuben und der Staffelei belegt. Die Wirtin erlaubte nicht, dass ich bis zum Morgen blieb, und ich mußte mitten in der Nacht nach Haus fahren. Wir liebten einander bis zum Exzess, gerieten plötzlich wieder in Streit, und ich verschwand durchs Fenster. Wenn dann in meinem Bett im Seefeld mein ganzes Elend auf mir lastete und mich nicht schlafen ließ, griff ich zu dürftiger Bekleidung, warf mir den Regenmantel über und eilte im Wagen zu Sima Banou zurück, wo wir sogleich Versöhnung feierten. Eine solche Nacht beschrieb ich im Gedicht „Nofretete“:

O Gott o Gott und des Nachts
rückt der Tag mir auf meinen schweren Leib
Nofretete mein Mantel
im Mantel hebt sich mein schwergeblähtes
Gemüt o Gott bis das Segel kippt
und spüre ich dann den schönsten Erwartungsschmerz
o Gott o Gott
weit klingelt mir noch das letzte Fensterglas
und die Tür springt über die Falle zu dir
die Schuhe laufen über die Schnalle zu dir
Nacht mitten in dein ägyptisches Zimmer
zu dir ins Zimmer o Gott
wo Getreide treibt und Korn hoch sich stapelt
wo Gottes o heiliger
Nil dir fließt
und in Gottes heiliges
Mittelmeer sich
ergießt o Nofretete

Diese brüsken Wechsel hielten uns ganz in Atem. Alles andere war unbedeutend geworden. Sima Banou reizte mich ungemein. Sie hatte runde Brüste, schöne weibliche Formen und ein geheimnisvolles Flair, nicht etwa eine exotische Attraktion, sondern die Erfüllung meines Wunsches nach einer zu mir passenden Frau. Niemand war mir je so nah gewesen wie sie. Ihre Art zu denken und zu leben entsprach mir ganz. Bei ihr brauchte ich keine Rolle zu spielen, und ich befand mich in meiner lange ersehnten Welt. Trotzdem lockten mich andere Frauen. Der genialische Dichter Charles Racine, von dem sie geschieden war, riet mir immer, sie zu verlassen, sie lohne meinen Ernst nicht. Ich verstand erst später, was er mir sagen wollte: dass sie mich mit ihrem Alter betrog.
Eines Tages verriet sie mir, sie sei eine Prinzessin aus der früheren Kadjar-Dynastie, die in Persien immer noch in höherem Ansehen stehe als der Ölkaiser Reza Palevi, den sie als einen Gangster bezeichnete. So drang ich allmählich in die persische Welt ein.
Bevor wir uns kennenlernten, verkehrten die verschiedensten Zürcher Künstler wie Varlin, Hans Soler, der originelle Dandy, der Trunkenbold und Schockmaler Steffen, der kleine Baltensberger, der seine erotischen Absichten auf sie nicht verhehlte, und Brieger in ihrem Geschäft. Jeder war von ihrem Geist fasziniert, auch von ihren Bildern wie „Die Dächer von Paris“, die sie noch in St. Germain-les-Prés gemalt hatte.